Thomas Ballhausen | voices

Translation and Transformation.
The Works of Iris Dittler

Übersetzung und Verwandlung.
Zu den Arbeiten von Iris Dittler.

Iris Dittler’s works cannot be disengaged from the modes of their production; they are inextricably linked to the realms of translation, transformation, and transfer. Her invasive and body-oriented, inquisitive yet very sensitive operations are built upon dispositions and constellations. An artistic search and thought process evolves, which keenly observes the continuous changes taking place all around, focused on seizing moments. Planned transformations but also surprises consolidate into snapshots that do not veil the medial qualities of the respectively chosen art practices and techniques. Here, the choreographer as the drawer as the dancer and so forth is literally on the move. Time and again, the aforementioned body—often that of the artist—becomes the research instrument, the object of inquiry, or the reference point. The fixed constant of a human axis serves as an anchor point and feedback in response to an ever-changing orientation.
The body substantiates the reconciliation of the medial scans of so-called reality; the feedback acts—like the processual and the contingent actions—as an essential facet of the experimental set-ups. Sudden discrepancies, the deviation from congruency not only reflects a programmatic tension between clarity and vagueness—it provokes it. Consequently, the artist does not offer us a coherent system of cool contemporaneity, rather the experience of sophisticated gestures of correspondence. The slowness intrinsic to this gesture is (and: should be) expected from the recipients as well. It takes concentration and time to comprehend a creation ultimately founded in a dual procedure of world and orientation.
Die Arbeiten Iris Dittlers lassen sich nicht von den Modi ihrer Produktion ablösen, sie sind vielfältig an die Felder von Übersetzung, Verwandlung und Übertragung gebunden. Ihr übergreifender, vom Körper her gedachter wissbegieriger und doch auch sehr sensibler Tastbetrieb setzt auf Anordnungen und Konstellationen. Ein künstlerisches Forschen und Denken wird spürbar, das die unausgesetzt stattfindenden Veränderungen ringsum aufmerksam beobachtet, auf die Fixierung von Augenblicken angelegt ist. Geplante Transformationen, aber auch Überraschungen werden dabei zu Momentaufnahmen verdichtet, die die medialen Eigengesetzlichkeiten der jeweils aufgerufenen Kunstpraktiken und -techniken nicht ausblenden. Da ist die Choreografin als Zeichnerin als Tänzerin und immer so fort am sprichwörtlichen Zug.
Immer wieder wird der schon erwähnte Körper – nicht selten jener der Künstlerin – zum Forschungsinstrument, zum Untersuchungsgegenstand oder eben auch zum Bezugspunkt. Die fixe Größe einer menschlichen Achse dient zur Orientierung und Rückkoppelung angesichts einer immer wieder neu vorgenommenen Ausrichtung. Am Körper kommt es zum konkreten Abgleich der medialen Scans der sogenannten Wirklichkeit, das Feedback fungiert – wie das Prozessuale und die dadurch bedingten Handlungen – als wesentlicher Teil der versuchsgleichen Unternehmungen. Die aufblitzenden Inkongruenzen, das Ausscheren aus der Deckungsgleichheit bildet ein programmatisches Spannungsverhältnis aus Klarheit und Vagheit nicht nur ab, es provoziert es vielmehr. Konsequenterweise bietet uns die Künstlerin kein kohärentes System cooler Zeitgeistigkeit, denn vielmehr die Erfahrbarkeit herausgearbeiteter Korrespondenzhaltungen. Die Langsamkeit, die dieser Haltung innewohnt, wird (und: soll) dem Publikum auch bei der Rezeption abverlangt werden. Es braucht Konzentration und Zeit für das Verstehen eines Schaffens, das nicht zuletzt im zweifachen Verlauf aus Welt und Ausrichtung begründet ist.
Thomas Ballhausen
Author, literary and film scholar, publisher and translator.
Thomas Ballhausen
Schriftsteller, Literatur- und Filmwissenschaftler, Herausgeber und Übersetzer.